Drittmittelprojekt
Daten(wirtschafts)völkerstrafrecht
Das Projekt stellt die Frage, ob es eines Strafrechts gegen schwerwiegende systematische Datenschutz(menschenrechts)verletzungen durch Staat und Wirtschaft, also eines Daten(wirtschafts)völkerstrafrechts im weiteren Sinne bedarf. Massenüberwachung ist weder im Zusammenhang von Unrechtsregimen der Vergangenheit (z.B. DDR, NS-Deutschland) noch heute anlässlich weltweiter Überwachungsskandale (z.B. NSA, Pegasus) als systematisches Unrecht strafrechtlich erfasst worden. Ist dies aber angesichts der Bedeutung von Daten für die Macht von Staat und Unternehmen und der Eingriffstiefe noch angemessen?
Diese Problematik wurde in einem Symposium am 24. und 25. November 2022 an der HU Berlin aufgegriffen. Es wurden die Debatten um systematische Überwachung und Datenschutz in der Soziologie und im menschenrechtlichen Schrifttum aufgegriffen und mit den bestehenden straf-, völker-, völkerstraf- und wirtschaftsvölkerstrafrechtlichen Diskursen verknüpft. Darauf aufbauend wurde die Notwendigkeit und Konzipierbarkeit eines strafrechtlichen Schutzkonzepts gegen systematische Überwachung kritisch reflektiert.
Programm
Symposium: Brauchen wir ein Daten(wirtschafts)völkerstrafrecht?, Humboldt-Universität zu Berlin
veranstaltet von Dr. Julia Geneuss & Dr. Andreas Werkmeister
gefördert von der Thyssen-Stiftung
Donnerstag, 24. November 2022
15:00 Begrüßung und thematische Einführung
Julia Geneuss, Hamburg/Konstanz & Andreas Werkmeister, Berlin
- Interdisziplinäre Grundlagen
Moderation: Ralf Kölbel, München
15:20 Leben wir in einer (digitalen) Überwachungsgesellschaft?
Philipp Staab, Berlin
15:40 Smartness und Freiheit. Zwei konkurrierende Regierungsprinzipien.
Sabine Müller-Mall, Dresden
16:20 Kommentar aus datenwissenschaftlicher Sicht: Delphine Reinhardt, Göttingen
16:30 Kommentar aus (straf)rechtstheoretischer Sicht: Jens Puschke, Marburg
16:40 Diskussion
17:15 Keynote: Smarte Ordnungen und Daten(wirtschafts)völkerstrafrecht
Klaus Günther, Frankfurt
Freitag, 25. November 2022
- Strafrechtliche Grundlagen
Moderation: Martin Heger, Berlin
9:00 Zum Status quo des Datenschutzstrafrechts – Grenzen für Datenmacht?
Dominik Brodowski, Saarbrücken
9:20 Informationelle Selbstbestimmung und Persönlichkeitsprofilverbot als Rechtsgüter des Daten(wirtschafts)völkerstrafrechts?
Sebastian Golla, Bochum
9:40 Kommentar aus öffentlich-rechtlicher Sicht: Antje von Ungern-Sternberg, Trier
9:50 Kommentar aus strafrechtlicher Sicht: Tobias Singelnstein, Frankfurt
10:00 Diskussion
- Mögliche Anwendungsfelder I: Missbrauch staatlicher Datenmacht
Moderation: Aziz Epik, Hamburg
10:50 Beispiele systematischer Überwachung durch den Staat – (unterlassene) strafrechtliche Aufarbeitung?
Moritz Vormbaum, Münster
11:10 NSA-Skandal, Pegasus und Co. Völker(straf)rechtliche Bewertung
Matthias Kettemann, Innsbruck
11:30 Kommentar aus verfassungsrechtlicher Sicht: Thomas Wischmeyer, Bielefeld
11:40 Kommentar aus (völker)strafrechtlicher Sicht: Stefanie Bock, Marburg
11:50 Kommentar aus (völker)strafrechtlicher Sicht: Till Zimmermann, Trier
12:00 Diskussion
- Mögliche Anwendungsfelder II: Missbrauch wirtschaftlicher Datenmacht
Moderation: Georgia Stefanopoulou, Hannover
Der Missbrauch von wirtschaftlicher Datenmacht bei der Begehung von Völkerrechtsverbrechen – historische Beispiele
Boris Burghardt, Lüneburg
13:30 Cambridge Analytica und Co. Paradebeispiele für ein Datenwirtschaftsvölkerstrafrecht?
Tobias Reinbacher, Würzburg
13:50 Kommentar aus wirtschaftsstrafrechtlicher Sicht: Petra Wittig, München
14:00 Kommentar aus wirtschaftsvölkerstrafrechtlicher Sicht: Kai Ambos, Göttingen/Den Haag
14:10 Diskussion
- Abschlussdiskussion
Moderation: Florian Jeßberger, Berlin
15:00 Podium: Sabine Gless, Basel, Carsten Momsen, Berlin, Miriam Saage-Maaß, Berlin & Johannes Eichenhofer, Leipzig