Humboldt-Universität zu Berlin - Berliner Studien zum Jüdischen Recht

Konferenz "Nationalismus und Religion ...."

Anlässlich des 100. Todestages von Hermann Cohen und 100 Jahre nach der Erscheinung seines Spätwerkes „Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“ wolle wir uns der Aufgabe im Spannungsfeld von Philosophie und Religion der heiklen Frage des Nationalen widmen, die im gegenwärtigen Prozess der Radikalisierung und Politisierung der religiösen und philosophischen Grundfragen von Vernunft und Ethik, zunehmend an Bedeutung gewinnt. In diesem Zusammenhang ist jedoch eine unerlässliche Bedingung für das Verständnis Cohens Kantkritik, ein systematisches Zusammenlesen von Cohens erkenntnistheoretischen Werken mit seinen sogenannten „Jüdischen Schriften“. Hier wird erkennbar, dass Cohen nicht nur Kants Missverständnis des Judentums als Religion gezielt ausschließlich auf protestantischen Grundlagen gestütztes idealisiertes „Deutschtum“ entschieden ablehnt. Um dem Judentum, sowohl im Deutsch-Nationalen, als auch in der „Christlichen Kultur“ einen Ort einzuräumen, bricht Cohen folgerichtig die Begriffe des Nationalismus und der Kultur als solche auf und idealisiert diese humanistisch-universal. Den ethischen Idealismus sah Cohen gleichermaßen begründet in der Religion der Propheten, der sich die doppelsinnige Einheit von Monotheismus und Messianismus (so der Titel seiner gleichnamigen Schrift), d.h. das Ziel der einen Menschheit am Ende der Tage, verdankt. Auf der Verbindlichkeit des Biblischen Gotteswortes beruhen Cohen zufolge schließlich die Grundlagen einer durch Wissenschaft und Philosophie geläuterten Kultur. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Monotheismus, Wahrheit, Ethik und Jurisprudenz im Judentum führt Cohen in seinem Spätwerk Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums vor 100 Jahren zu einer neuen Definition von Religion und Kultur, die ihre Relevanz und Attraktivität nicht verloren hat.