Humboldt-Universität zu Berlin - Integrative Research Institute Law & Society (LSI)

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Die Verwaltung von Normalität - Deutsches Recht und deutsche Gesellschaft 1944–1952

Dr. Benjamin Lahusen

 

Im Krieg macht das Recht eine Pause. § 245 ZPO ordnet für den Kriegsfall die Unterbrechung aller anhängigen Verfahren an; nach Kriegsende seien sie weiterzuführen. Flächendeckend eingetreten ist dieser Zustand ein einziges Mal: als im September 1944 die alliierte Besetzung Deutschlands begann, wurde zugleich die Schließung aller Gerichte verfügt. Aber als die Justiz im Laufe des Jahres 1945 wieder zu arbeiten begann, da befand sie sich nicht mehr in einer totalitären Diktatur. Im Westen operierte man unter einer zwangsdemokratisierten Rechtsstaatlichkeit, im Osten nach den Grundsätzen des real existierenden Sozialismus.

 

Das Projekt untersucht, wie dieser politische und gesellschaftliche Umbruch rechtsintern verarbeitet wurde. Dabei geht es zunächst um ganz praktische Fragen, etwa wie die Justiz bürokratisch und personell so ausgestattet wurde, dass sie ihre Dienstleistungen auch noch inmitten des totalen Krieges erbringen konnte. Weiter stehen biographische Erörterungen im Mittelpunkt, nämlich welche Interessenlage bei Justiz und Parteien dazu führte, dass selbst banale Nachbarschaftsstreitigkeiten vor und nach der Kapitulation ungerührt weitergeführt wurden. Und schließlich geht es um politische Erwägungen, die sich um die Frage drehen, welche Funktionen die Justiz einer modernen Gesellschaft erbringt.