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Humboldt-Rede zu Europa von Jacek Czaputowicz, Außenminister der Republik Polen



Foto: Elke A. Jung-Wolff

Am 18. Juni 2019 sprach Jacek Czaputowicz, der derzeitige Außenminister der Republik Polen vor einem großen Publikum, bestehend aus vielen, auch polnischsprachigen, Studierenden. Die Schwerpunkte seiner Rede lagen auf der Beziehung zwischen Polen und der EU, der jetzigen Herausforderungen und seinem theoretischen Verständnis von europäischer Integration, Souveränität und Demokratie

Czaputowicz begann seine Rede mit einem Rückblick. Damals zur Zeit des Eisernen Vorhangs, reiste er nach Berlin um hier weitere Mitglieder der demokratischen Opposition zu treffen. In Polen sei man zum Ende des Kommunismus der Überzeugung, gewesen, dass ein vereinigtes Europa ein vereinigtes Deutschland voraussetzt. Die Wiedervereinigung Deutschlands habe „die Rückkehr Polens in die Familie der demokratischen westlichen Länder“ möglich gemacht.

Es folgt eine kurze Auflistung der drängendsten Probleme Europas. Für den Außenminister sind das die Krim-Annexion, die Spätfolgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, der Umgang mit der Migrationskrise, die negativen Begleiterscheinungen der sozialen Medien in Politik und Gesellschaft, sowie der Brexit. Anhand dieser Probleme kristallisiert sich für ihn die Frage nach Sicherheit und Wohlstand in der EU, insbesondere nach einer Angleichung der Lebensstandards und dem Ausbau des internationalen Gewichts der Union.

In Polen herrsche eine weit überwiegende Akzeptanz für die EU. Diese entstehe vor allem dort, wo positive Ergebnisse unmittelbar spürbar sind. Vor allem der freie Binnenmarkt habe hier eine bedeutende Rolle gespielt. Polen sei hierbei nur ein Beispiel für die geschichtlich ähnlich geprägten, wirtschaftlich und infrastrukturell vergleichbaren anderen osteuropäischen Mitgliedsstaaten. In deren Interesse seien intensiviertes Vorgehen gegen Handlungshemmnisse, Bekämpfung von Protektionismus und eine Erhöhung des EU-Haushaltes. Czaputowicz plädierte des Weiteren für vertiefte Beziehungen in die östlichen Nachbarländer. Die EU solle die eigene Verteidigungspolitik verstärken, allerdings nur innerhalb der Nato.

Kernstück der Rede ist die These, dass die EU nur souverän sein kann, wenn die demokratische Legitimation fester in der Hand der Nationalstaaten ist. Die nationalen Demokratien „garantieren die Vielfalt der internationalen Gemeinschaft“, sowohl der europäischen als auch der globalen. Auch die kürzlich stattgefundenen Europawahlen haben der EU eine größere demokratische Legitimation gegeben. Das Mittel der Wahl sei jedoch eine Stärkung der nationalen Parlamente, die zum Beispiel durch ein „Rote-Karte-Verfahren“ größeren Einfluss auf europäische Gesetzgebung erlangen sollen. Ein weiterer Schritt sollten mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit im Europäischen Rat sein.

In diesem Zusammenhang beschrieb er den Zustand der europäischen Integration. Weitergehende Integration führe im Moment nicht zwangsläufig zu mehr supranationalen Kompetenzen, sondern vermehrt zu zwischenstaatlichen Kooperationen. Als Beispiele nennt er Frontex und den Europäischen Stabilitätsmechanismus. Er schloss damit ab, dass Polen „für die Verteidigung der Werte, die der europäischen Integration zugrunde liegen, wie Gleichheit, Gerechtigkeit, Demokratie, Achtung der Souveränität und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder“ sei.

Text: Joel Springstein