Rechtsforschung: Rechtssoziologie, Rechtspraxis, Rechtskulturen
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Die kritische Betrachtung von „Recht“ oder „Rechtsnormen“ setzt eine Auseinandersetzung damit voraus, in welcher Form Recht in Gesellschaften entsteht und wie es von wem mit welchen Folgen angewendet wird. Wie wirken sich soziale Verhältnisse, Einstellungen und Veränderungsprozesse auf das Recht oder das Rechtsbewusstsein der Menschen aus? Welche soziale „Wirklichkeit“ wird durch Normen konstruiert, welche ausgeblendet? Stehen gesetzliche Regelungen (symbolisch) nur auf dem Papier oder werden sie von den „Rechtsunterworfenen“ tatsächlich befolgt? Wie lassen sich die realen Folgen von Gesetzen und rechtlichen Entscheidungen empirisch erfassen?
Die dogmatische Rechtswissenschaft versteht unter „Recht“ Normen und Regelungen, die in Gesetzen, Gerichtsurteilen, Verwaltungsentscheidungen und in anderen Rechtssätzen niedergelegt sind. Es geht um Rechtstexte, deren wissenschaftliche Betrachtung zum Ziel hat, ihren (objektiven) „Sinn“ mit den Mitteln der verstehenden Interpretation zu ermitteln. Die Rechtsforschung greift darüber weit hinaus.
Recht ist ein Phänomen der gesellschaftlichen Wirklichkeit, das durch soziale Verhaltensmuster und Zusammenhänge konstruiert wird, bestehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse stabilisiert oder verändert und nicht zuletzt der politischen Steuerung der Gesellschaft dient, aber auch kulturell prägt. Das waren bereits Themen der Rechtssoziologie, die in der Bundesrepublik Anfang der 70er Jahre eine Blütezeit erlebte. Die Sozialwissenschaften fanden damals auch Einzug in das rechtswissenschaftliche Studium. Unser Ansatz versucht, daneben auch kulturwissenschaftliche Perspektiven auf das Recht mit rechtstheoretischen und rechtsphilosophischen Fragen zu verknüpfen. Daher spielt auch die Frage nach Rechtskulturen – für ein vertieftes Verständnis von Recht eine Rolle: im Sinne der Umgehensweisen mit Recht, aber auch im Sinne der kulturell spezifischen Rechtsformen und Ausprägungen einer Rechtsordnung sowie im Sinne der kulturellen Formen (oder der medialen Gestalt) des Rechts.
Rechtsforschung bezieht sich also auf Wechselwirkungen zwischen Recht und Gesellschaft. Sie ist ähnlich wie die angloamerikanische Law & Society -Forschung oder die socio-legal studies ein disziplinär nicht gebundenes Projekt, bedient sich also inter- und transdisziplinärer Zugriffe. Neben den klassisch-soziologisch empirischen Zugängen sind unter anderem die (Rechts-)Anthropologie, Ethnologie, Kulturwissenschaften, Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften, die Geschichtswissenschaften oder auch die Kognitionswissenschaften, in einem kritischen Zugriff auch die Gender Studies wichtig.
Der Zuschnitt des Forschungsfeldes ist durchaus umstritten. Hinweise und Links zu den Beiträgen hat der Berliner Arbeitskreis Rechtswirklichkeit zusammengestellt.