German Colonialism and the (Criminal) Law (CrimCol)
Seit 2024 wird das Projekt „German Colonialism and the (Criminal) Law“ aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert. Das Vorhaben basiert auf den folgenden Überlegungen:
Die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit hat inzwischen auch in Deutschland Konjunktur. Lange Zeit stand die deutsche Kolonialgeschichte (aus guten Gründen) im Schatten der Debatten um die Aufarbeitung (Strafverfolgung, Rehabilitierung, Entschädigung) von NS-Gewaltverbrechen und DDR-Unrecht. Inzwischen werden unter dem unscharfen Begriff der „Dekolonisierung“ ganz unterschiedliche Prozesse und Desiderate verhandelt. „Dekolonisiert“ werden sollen museale Sammlungen, öffentliche Denkmäler, universitäre Curricula usw. Im Koalitionsvertrag ist das Thema („Erinnerungskultur“) prominent verankert. Unter dem Stichwort „koloniales Erbe“ hat die Regierungskoalition sich vorgenommen, „die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte voranzutreiben“, „koloniale Kontinuitäten [zu] überwinden, uns in Partnerschaft auf Augenhöhe [zu| begegnen und unabhängige wissenschaftliche Studien zur Aufarbeitung des Kolonialismus zu veranlassen.“ Die juristische „Aufarbeitung“ der deutschen Kolonialgeschichte steht (anders etwa als die geschichts- oder regionalwissenschaftliche) noch weitgehend am Anfang. Insbesondere eine systematische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Recht und seiner Anwendung, mit möglichen Kontinuitätslinien in das geltende Recht und mit den (rechtspolitischen) Konsequenzen, die sich hieraus ergeben, steht noch aus.
Zentrale Gegenstände einer juristischen Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte sind:
- Das koloniale Recht und seine Anwendung (als historischer Stoff, der neben dem im Reich angewendeten Recht stand);
- Koloniales Unrecht (etwa im Kontext einer retrospektiven Zuordnung zu (Straf-)Tatbeständen des geltenden Rechts oder der Frage nach dem Unrechtsgehalt des Kolonialismus als solchem; ebenso im Zusammenhang mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Kultur- und Sammlungsgut in kolonialen Kontexten);
- Koloniale Kontinuitäten (in Gestalt der Spuren kolonialen Rechts in den Rechtsordnungen der ehem. Kolonien oder der durch postkoloniale Theoriebildung gestützten Befragung des geltenden (deutschen) Rechts).
Gelingen kann die wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit den juristischen Dimensionen der deutschen Kolonialgeschichte nur, wenn sie einerseits den Besonderheiten des Untersuchungsgegenstandes hinreichend Rechnung trägt – und deshalb
- interdisziplinär (Einbeziehung der geistes- und sozialwissenschaftlicher Perspektiven),
- multidimensional und
- inklusiv (Einbeziehung von Perspektiven aus dem Globalen Süden)
angelegt ist – und andererseits sorgfältig und mit der erforderlichen Sensibilität für die herrschenden Asymmetrien in der „Wissensproduktion“ und die gerade in diesem Kontext fragwürdige Dominanz von (juristischen) Konzepten des Globalen Nordens vorbereitet wird. Zu dieser Auseinandersetzung möchte das am Lehrstuhl angesiedelte Projekt einen Beitrag leisten.
Zu den einzelnen Elementen des Projektes finden sich weitere Informationen hier.